Hinter der Kellertür
Der Dokumentarfilm „Die Mitte der Nacht ist der Anfang des Tages“ feierte in Berlin Premiere.
Für alle, die schon von dem Filmprojekt der Stiftung Deutsche Depressionshilfe gehört oder gelesen hatten, gibt es eine gute Nachricht mit einer nicht ganz so guten Fußnote. Die gute lautet: Den Dokumentarfilm „Die Mitte der Nacht ist der Anfang des Tages“ gibt es nach zweijähriger Vorbereitungszeit; am 8. Juni erlebte ein kleines Publikum in Berlin die Uraufführung. Es wird allerdings noch bis November dauern, bis der 75-minütige Film auch anderswo zu sehen ist. (Und übrigens auch gute Fußnote: zu den Finanziers des Films gehört die AOK; Krankenkassen setzen sich mittlerweile sehr intensiv mit dem Thema auseinander.)
Die Dokumentation von Michaela Kirst und Axel Schmidt begleitet fünf Depressionskranke über eine längere Zeit durch ihre besseren und schlechten Phasen. Alle fünf versuchen, das Innere einer Depression zu beschreiben.
Anders als viele andere Filme über das Thema verzichtet „Die Mitte der Nacht ist der Anfang des Tages“ ganz auf Kommentare und eingeschobene wissenschaftliche Erklärungen. Die Autoren lassen ihre fünf Personen sprechen, oft beobachtet die Kamera auch nur, während die Bilder erzählen.
Wir begegnen einer Familie, und der Vater, Mutter und Tochter auf unterschiedliche Art unter Depression leiden, einer jungen Musikerin, die versucht, mit ihren Traurigkeitsanfällen zu leben, und einer älteren Frau, die den Ausweg aus ihrer chronischen Depression sucht. „Man lebt so jahrelang in einem Haus und hat da schon immer gewohnt, und plötzlich entdeckt man eine Kellertür. Man macht die Tür auf, und es
ist einfach nur dunkel, und irgendjemand stößt einen die Kellertreppe runter und macht die Tür dann zu“, sagt die Musikerin.
In manchen Szenen verdichten sich Momente zu einer kleinen, anrührenden Binnenerzählung, etwa, wenn der Therapeut mit der älteren Frau darüber spricht, wie ihr Zustand als Kunstwerk aussehen würde. Zur nächsten Sprechstunde bringt sie eine Plastikflasche mit, in der eine Blume steckt, eingeschlossen in Eis. Es ist das Verdienst der Filmautoren, dass daran nichts kitschig oder inszeniert wirkt.
Wahrscheinlich zählt dieser Film zu den besten Gelegenheiten für Nichtdepressive, die Krankheit zu begreifen.
Vorsichtshalber fragte der Regisseur und Arzt Axel Schmidt am Ende ins Publikum: er würde gern wissen, wie die Dokumentation auf einen Nichtdepressivem gewirkt habe. „Ist jemand hier, der sich zu seiner psychischen Gesundheit bekennt?“ Tatsächlich meldete sich ein Zuschauer und sagte, er habe die Protagonisten von Szene zu Szene ernster genommen.